Sedimente gegen rosarote Schutzbrillen

Die Arbeit setzt sich mit gewaltvoller und militarisierter Sprache auseinander. Sie beleuchtet sprachliche Bilder und Lexeme, deren einzeln dosierte Wirkungen sich im allgemeinen Sprachgebrauch akkumulieren. Parallel zur Arbeit steht der Gedanke, dass Wörter unseren Sprachgebrauch und unsere Wahrnehmung beeinflussen, unsere Denkmuster und unser Handeln formen. Dabei können sich Benutzung, Kontext und Bedeutung der Worte im Laufe der Zeit verändern. In Steinen aus dem Wald sind Notizen zu den sprachlichen Lexemen und deren Verbindungen, Ursprüngen sowie Zusammenhängen skizziert und eingraviert.

Ähnlich wie diese sprachlichen Elemente in unserem alltäglichen Sprachgebrauch verstreut sind und sich an einigen Stellen ballen, ist das Auftauchen und Wirken der Notizen im Wald dynamisch, mitunter subtil, aber fest in die Umgebung eingeschrieben. Hier an Krater 20 sammeln sich die Notizsteine. Andere hingegen, neue Informationen und Bedeutungen tragend, haben sich wiederum im Wald verteilt. Man kann beim Spaziergang durch den Wald über sie stolpern. Es entsteht ein Dialog zwischen den aus der Umgebung stammenden Objekten, der Bearbeitung und Kultivierung durch Sprache und den Betrachter:innen. Die Arbeit lädt dazu ein, sich der eigenen Sprache bewusster zu werden.

Warum wurde 08/15 zum Inbegriff von „langweilig“, „nichts Besonderes“, „Massenware“?

Es gibt mehrere Erklärungen:

Das Gewehr war einfach nichts Besonderes. Das deutsche Heer brauchte im Ersten Weltkrieg schnell viele Maschinengewehre, die Massenproduktion ging zulasten der Qualität. Das Ergebnis waren eben „08/15“-Waffen.

Als die gleiche Waffe später im Zweiten Weltkrieg verwendet wurde, war sie natürlich hoffnungslos veraltet und wirklich nichts Besonderes mehr. Demnach wäre der abfällige Ausdruck 08/15 erst im Zweiten Weltkrieg entstanden.

Die dritte Theorie: MG 08/15 markiert nämlich in gewisser Weise den Beginn einer großen Vereinheitlichungswelle. Es war das erste landesweit standardisierte Maschinengewehr, das im ganzen Deutschen Reich verwendet wurde. Und damit steht es auch am Beginn der deutschen Industrienormen. Der Verschluss der MG 08/15 soll aus einem Kegelstift bestanden haben, dessen Maße 1918 zur ersten staatliche Industrienorm erklärt wurden. Das war die DIN 1.

(aus: www.swr.de/SWR Wissen/1000 Antworten/ Woher stammt der Ausdruck 08/15)


Merle Borgmann

studiert Freie Kunst sowie Kunst und Germanistik an der Universität Münster und Kunstakademie Münster. In Installationen, Zeichnungen und Performances beschäftigt Merle sich mit Interkonnektivität und Kollaboration und ordnet die eigene Praxis zwischen fiktionalisierter Narration und Artistic Research ein.

Eine Auswahl an Ausstellungen:

  • Mimar Sinan Universität in Istanbul (2019)
  • Wewerka Pavillon in Münster (2021)
  • Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln (2023)
  • Museum Ostwall in Dortmund (2025)

Henri Schlößer

studiert Kunst an der Kunstakademie Münster. Er beschäftigt sich mit Situationen, momenthaften Phänomenen, Interkonnektivität, fluidem Auftauchen und Auflösen. Seine Installationen, Interventionen und Performances benötigen oft wenig Infrastruktur und stehen in direktem Austausch mit der Umwelt.

Hier eine Auswahl seiner Ausstellungen:

  • künstlerisch-kollaboratives Forschungsprojekt in Tokyo/Japan (2023)
  • Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem/Israel (2023)
  • „Für Elke“ im Wewerka-Pavillon in Münster (2024)